Tangermünde - Kaiser- & Hansestadt an der Elbe - Tangermünde

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Tangermünde
"Die Elbfahrt nach Hamburg ist langweilig; nur bei Tangermünde, wo Reste einer aus den Tagen Kaiser Karls IV. herstammenden Burg aufragen, belebt sich das Bild ein wenig." So schrieb Theodor Fontane im Jahr 1844. Die über 1000 Jahre alte Stadt Tangermünde liegt in der Altmark, die zur ehemaligen Kurmark Brandenburg gehörte. Der Bischof Thietmar von Merseburg berichtete 1009 in seiner Chronik von einem Streit zweier Adliger. Tangermünde tritt darin als "civitas tongeremuthi" (Siedlung an der Tangermündung) erstmals in der geschriebenen Geschichte auf.
Tangermünde um 1610
Auch die Burg am Tanger wird in dieser Chronik des Merseburger Bischofes das erste Mal genannt. Sie war zum Schutz der damaligen deutschen Ostgrenze eine Reichsfestung, etwa 10 bis 15 Meter hoch über der Elbe und Tanger gelegen. Später ging sie in den Besitz der Markgrafen von Brandenburg über. Von 1373 bis 1378 diente sie Karl IV., römisch deutscher Kaiser und König von Bömen als Nebenresidenz. Danach war sie eine Zeitlang Sitz der Kurfürsten und Markgrafen aus dem Hause Hohenzollern.

In Anlehnung an die Burg entwickelte sich im 12. Jahrhundert eine kaufmännisch gewerbliche Niederlassung, aus der die Stadt hervorging, 1275 erstmals urkundlich als solche erwähnt. Sie gehörte der Hanse (s.u.) an und erlebte, gemeinsam mit den anderen altmärkischen Städten, im 15. Jahrhundert eine wirtschaftliche Blütezeit. Damals entstanden viele Baudenkmäler, heutige Sehenswürdigkeiten.
Später wurde Tangermünde eine kleine Landstadt, deren Bürger im 17. Jahrhundert an den Folgen mehrer Brände und an denen des Dreißigjährigen Krieges zu leiden hatten. Auch von der Schwarzen Pest blieb die Stadt nicht verschont. 1598 suchte der "Schwarze Tod" 1400 blühende Menschenleben, 1599 waren es 1540, 1626 starben 1600 und 1682 ungefähr 1000 Opfer. So hinterließ dieses 17. Jahrhundert nichts als ein darnieder liegendes Städtchen , die letzten Spuren seiner einstigen Blüte waren durch Brand, Krieg und den schwarzen Tod dahingerafft.
So kam es, dass Tangermünde Ende des 17. Jahrhunderts eine unbedeutende Landstadt ohne wirtschaftliche Bedeutung war. Dennoch entstanden gerade in dieser Zeit, die von Not und Armut geprägt war, Fachwerkhäuser mit schönen Portalen und sehenswerten Schmuckformen.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Ort zu einer Industriestadt mit bis zu 14.000 Einwohnern. Da sich die Industriealisierung nördlich, außerhalb Tangermündes vollzog und auch beide Weltkriege kaum Spuren hinterlassen haben, konnte die Stadt ihr ursprüngliches Fachwerkbild mit altem Gepräge bis in die heutige Zeit erhalten. Schon 1920 wird Tangermünde als das "Nordische Rothenburg" bezeichnet.
Tangermünde hat heute kaum noch Industrie und gut 9000 Einwohner.
Marktgeschehen um 1900
Das Hühnerdorf
Es handelt sich dabei um die ehemalige Dorfstraße eines ursprünglich slawischen Dorfes. Das Hühnerdorf ist wesentlich älter als die Stadt und befand sich unmittelbar vor den Toren der Burg. Seine Bewohner lebten in feudaler Abhängigkeit von der Burg und mussten Hühner, als auch Eier als Zins dorthin abliefern. Friedrich der Jüngere (ursprünglich Hohenzollernfürst Friedrich VI., welcher sich später Markgraf Friedrich I. nannte) verkaufte das Dorf an den Rat der Stadt, wodurch dieses zu einer Tangermünder Vorstadt wurde. Obwohl das ehemalige Dorf nun Stadtteil war, wurden den Einwohnern nicht alle bürgerlichen Rechte erteilt. Brauen, Backen, Malzen und das Betreiben der meisten Handwerke war ihnen untersagt. Und so kam es, dass dort vorwiegend Tagelöhner, Fischer, Müller, Schmiede, Leineweber und andere Kleinbürger lebten. In diesem Hühnerdorf wird heute eine slawisches Siedlung gesehen, deren Bewohner Hühner statt Getreide zinsten, da das Dorf keine Feldmark besaß. 1678 brannte das Dorf vollständig nieder, sodass kein Haus aus der Zeit vor dem Brand erhalten ist. Von dem ehemals kleinen Dörfchen ist ansonsten fast nichts überliefert, lediglich, dass es mehrere Orte, vor allem in der Altmark, mit dem Namen "Hühnerdorf" gab, ist bekannt. 
Das Hühnerdorfer Tor, das einzige von ehemals 3 Stadttoren, welches leider nicht mehr erhalten ist.
Das Dorf Carlbau
Bei der Straße mit dem Namen Carlbau handelt es sich ebenfalls um ein ehemaliges kleines Dorf, genauer gesagt um eine slawische Fischersiedlung in unmittelbarer Nähe des Elbufers. Bis 2002 war ein Großteil der Straße noch immer eine kopfsteingepflasterte Dorfstraße. Der Ort wurde im Mittelalter Calbu oder auch Calbow geschrieben. Der Name geht vermutlich auf das slawische Wort "calu" = Sumpf zurück. Das Landbuch der Mark Brandenburg (um 1375) berichtet darüber, dass das Dorf dem Markgrafen gehörte und seine Bewohner ihn zu festgelegten Anlässen mit Fischen zu versorgen hatten. Ferner waren sie zu genau vorgeschriebenen Dienstleistungen gegenüber dem Burgherren verpflichtet. Der Markgraf seinerseits gewährte den Dorfbewohnern Schutz und stattete sie mit Rechten und Freiheiten aus. So hatte der Ort eine eigene niedere Gerichtsbarkeit in Streitfällen für Grenz-, Weide-, und Fischereiangelegenheiten.
Ein Großfeuer im Jahre 1785 äscherte das Dorf fast vollständig ein und verschonte lediglich 2 Bauernhöfe. Ein Schriftzug über dem Torbogen des Hauses mit der Nummer 3 erinnert an jenen Unglückstag. Der Türsturz der Hausnummer 15 zeigt die Jahreszahl MDCCCXXI (1821).
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das Dorf in nördliche Richtung durch das Entstehen einer großen Zuckerindustrie. Die Stadt Tangermünde dehnte sich ebenfalls in diese Richtung aus und bezog das Dorf mit ein. 1906 wurde Carlbau nach Tangermünde eingemeindet. 
Die Fischerstraße
Über die Treppe des Steigberges gelangt man direkt in die Lange Fischerstraße, welche ursprünglich lediglich Fischerstraße hieß. Fast auf gleicher Höhe mündet die Kleine Fischerstraße in die Lange Fischerstraße. Einst wohnten hier die Mitglieder der Fischergilde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es den Namen Kleine Fischerstraße noch nicht. Meist wurden diese kleinen Nebenstraßen nach den Besitzern der Eckhäuser benannt, oder auch als Achter- oder Hinterstraßen bezeichnet. Solche Straßen waren schmal und entsprachen der gesellschaftlichen Stellung ihrer Bewohner. Hier lebte vor allem die arme Schicht der Bevölkerung, aber auch kleinere Handwerker.
Blick in die Kleine Fischerstraße
Buhnenkopf wird dieses Haus im Volksmund genannt. Manche sagen wegen seiner trapezförmigen Giebelform, andere, weil es in die Straße ragt, wie ein Buhnenkopf in die Elbe.

Die Schloßfreiheit...
... eine Burgstraße, bildet den Zugang zur Burg und war vermutlich eine Burgmannensiedlung. In dieser Straße gab es 9 Burglehnhöfe bzw. -häuser, auch Freihäuser genannt. Die Bewohner (Burgmannen) bekamen die Siedlung als Lehen vom Markgrafen und hatten die Aufgabe die Burg zu bewachen und gegebenfalls zu verteidigen. Die Schloßfreiheit gehörte somit zum Burgbezirk, auch wenn sie durch ein Außentor zur Burg abgeschlossen war. Die Schloßfreiheit war ebenfalls in sich durch ein weiteres Außentor zur Stadt geschlossen und bildete auf diese Weise eine zweite Außenbefestigung für die Burg. Der einzige überlieferte bekannte Name des Schloßhauptmannes ist Peter Krull. Sein Wohnsitz war innerhalb der Siedlung, die heutige Schloßfreiheit 5. Der Name Schloßfreiheit erklärt sich möglicherweise daher, dass die Grundstücke frei von städtischen Abgaben und steuerlichen Lasten waren.
Das Burglehnhaus mit der Nummer 5 ist das älteste Tangermünder Wohnhaus. Sein Untergeschoss wurde 1543 im Stil der Renaissance in verputzem Backsteinmauerwerk aufgeführt. Es zeigt ein großes Rundbogenportal und Fenstergewände dieser Zeitepoche. Die Sitznischen zu beiden Seiten des Eingangsbereiches werden durch zwei Medaillons geziert, welche die Brustbilder der ehemaligen Besitzer zeigen. In Umschrift ist zu lesen: "Petrus Grullius anno Christi MDXXXXIII" und "Georgius Grullius anno domini 1543". Das Obergeschoss des Hauses mit seinen Schräg- und Rautenkreuzen wurde später aufgesetzt und erfolgte wahrscheinlich erst im 17. Jahrhundert.



linkes Bild:
das Burglehnhaus mit der Nummer5 - das älteste Wohnhaus Tangermündes

rechtes Bild:
"Der Begrüßungstrunk"
gemalt von Herrmann Zwinger

links und rechts des Eingangspoprtals, die Brustbilder der Erbauer und ersten Besitzer des Hauses: Petrus Grullius & Georgius Grullius

Der Zollensteig…
 …eine abfallende mit Kopfsteinen gepflasterte Gasse in mittelalterlichem Ambiente, führt vom Hühnerdorf (der heutigen Hühnerdorfer Straße) direkt runter zur Elbe.
 
Als im 12. Jahrhundert die Elbe durch Eindeichen schiffbar gemacht wurde, bekam Tangermünde einen Hafen und wurde Zollstätte. Als Elbzollstätte wird Tangermünde urkundlich zweimal genannt, und zwar 1136 und 1160. An dieser Stelle befand sich ein Zollhäuschen, daher der Name Zollensteig. Seit wann der Name existiert, ist leider nicht bekannt. Im alten Deutschen Reich gab es auf der Elbe 35 Zollstätten. Aufgrund mehrerer Elbzollkonferenzen wurden die Schifffahrtsabgaben allmählich reduziert. Das Aufkommen der Dampfschifffahrt begünstigte ebenfalls die stetige Beseitigung der Elbzollstätten. Der Elbzoll wurde durch ein Gesetz im Jahre 1870 endgültig beseitigt.
 
Oberhalb des Zollensteigs befindet sich die im 13. Jahrhundert gegründete Elisabethkapelle. Diese kleine Kirche gehörte zu einem Hospital, welches jedoch durch den großen Stadtbrand von 1617 vernichtet wurde. Nach einem weiteren Brand im Jahre 1678 diente sie bis in das 19. Jahrhundert hinein als staatliches Salzlager. Seitdem heißt die Kapelle im Volksmund "Salzkirche". Das hier eingelagerte Salz kam aus Lüneburg, später auf dem Wasserweg aus Halle und Schönebeck. Von 1891 bis 1926 wurde die Kapelle durch die katholische Gemeinde nochmals für ihren ursprünglichen Zweck genutzt und dient seit 1997 als Ausstellungs- und Konzerthalle.
 
(Elisabeth lebte von 1207 bis 1231,war Langräfin von Thüringen und wurde noch im selben Jh. zur Schutzheiligen der Kranken und Armen.)
 
In dem Fachwerkhaus am Zollensteig 13 wurde bis 1900 eine Blaufärberei betrieben.
Am Fuß des Zollensteigs, direkt an der Elbe, befindet sich eine Grünanlage. Bis 1885 bildete die Elbe an dieser Stelle eine Bucht, dem so genannten "Helingshafen". Er bot im Winter bei Eisgang der Tangermünder Schiffsmühle und den Fährkähnen Schutz.

Der Straßenname "Zollensteig" ist übrigens einmalig, es gibt keine weitere Straße, die diesen Namen trägt!

Der Bleichenberg
Bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde vor allem von der ärmeren Bevölkerung die Wäsche in Zubern mit Wasser aus dem Fluss, oder sogar direkt im Fluss gewaschen.
Die so genannte "große Wäsche" wurde 2-mal im Jahr durchgeführt, konnte bis zu einer Woche dauern und setzte sich aus mehreren Arbeitsgängen zusammen: Einweichen der Wäsche, bedecken mit Pottasche, überbrühen mit Sodalauge, schlagen, bürsten, reiben, spülen, bleuen ( prügeln - die Wäsche wurde geschlagen), bleichen, stärken, wringen, aufhängen, ausbessern, strecken, mangen (mangeln) und bügeln. Die verwendete Lauge setzte sich aus Buchenasche und Wermutsstauden oder Lavendel zusammen.
Der Name Bleichenberg oder Bleicherberg ist damit zu begründen, dass der Weg von der Stadt zur Elbe an dem Hang vorbei führte und seine sonnige geschützte Lage eine willkommene Gelegenheit bot, die Wäsche unterhalb des Hanges zu waschen, um sie anschließend zum Trocknen und Bleichen aufzuhängen, oder auf der Wiese auszubreiten. 
Das Bild zeigt eine Schiffsmühle unterhalb des Bleichenbergs im damaligen „Helingshafen“ – einer Bucht am Elbeufer, die als Winterhafen diente.  Hier befanden sich 3 solcher Schiffsmühlen und eine kleine Schiffswerft. 1882 hatte die Strombaugesellschaft eine Ein- und Ausladestelle geschaffen. Mit Errichtung eines modernen Hafens im Bereich der Tangermündung 1887/ 1890 wurde der Hafen am Bleichenberg zugeschüttet. Gegründet wurde der Elbehafen 1886 durch den Schiffseigner Wilhelm Wienecke. Dieser hatte nach einer Havarie auf der Elbspitze  und dem daraus resultierenden Notverkauf der geladenen Kohlen eine neue Geschäftsidee: Er baute in Tangermünde einen Kohlenhandel auf und handelte mit Getreide und Düngemitteln. Im Zuge dieser Expansion entstand der „Alte Speicher“.
1893/ 1894 verlängerte man das Ladegleis an der Elbe bis hin zum Fährdamm, unterhalb der Schloßfreiheit – stellte  1895/ 1896 die Hafenverbindung her und verlängerte schließlich 1889 bis zum Getreidesilo, welcher 1941 mit einer Ladekapazität von 10.000 Tonnen in Betrieb genommen wurde. Bereits ein Jahr zuvor war das sogenannte Hochwassergleis an der Elbe an die Schiffswerft, damals „Schiffswerft Fr. Bettin“, angeschlossen. 
Zum Begriff der Hanse: "Hansa" ist ein sehr altes germanisches Wort, was soviel bedeutet wie "bewaffnete Schar" und bezeichnet den Zusammenschluss von Kaufleuten, welcher der Interessenvertretung und dem Schutz der Kaufleute vor allem beim Handel im Ausland diente. (Allerdings wurde dieser Begriff auch für eine entrichtete Abgabe verwendet.) Aus dem Bedürfnis heraus nach eigenem Schutz zogen die Kaufleute in Gruppen von Stadt zu Stadt. Besonderen Auftrieb erhielt die Entwicklung der Kaufmannshanse um die Mitte des 12. Jahrhunderts mit dem Einsetzen der europäischen Ostkolonisation. Durchgesetzt hat sich, den Zusammenschluss der Kaufleute seit dem 12. Jh. ebenso als Hanse aufzufassen, wie die Städtegemeinschaft des 14. Jh. Es gibt kein Gründungsdatum der Hanse. Sie ist entstanden und gewachsen. Ihre Ausdehnung erstreckte sich auf ganz Europa und darüber hinaus. In den Zeiten ihrer größten Ausdehnung waren knapp 300 See- und Binnenstädte Nordeuropas in der Städtehanse zusammengeschlossen.
Dem hanseatischen Gedanken folgend, fand 1980 in Zwolle (NL) der erste Hansetag der Neuzeit statt, welcher mit Vertretern aus 43 "alten" Hansestädten begangen wurde. Seither findet der Hansetag jährlich in einer anderen Stadt statt um alte Traditionen zu pflegen. Das bekannteste Wahrzeichen der Hanse dürfte wohl das Lübecker Holstentor sein. 
 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü